Pappenheimer Straßenausbaubeitragssatzung zahnloser Tiger?

WS 066458Wie in den letzten beiden öffentlichen Stadtratssitzungen bekannt wurde, hat sich die Stadtverwaltung Pappenheim, nach langer Ruhephase, entschlossen in einer ihrer Kernaufgaben, dem Erhalt ihres Straßennetzes, tätig zu werden.

Unter Mitwirkung des CSU-Stadtrates Herbert Halbmeyer, des pensionierten Tiefbau-Ingenieurs Emil Zapp aus Pappenheim und der Pappenheimer Stadtverwaltung wurde mittels visueller Begutachtung für die Kernstadt und die Dörfer ein Straßenkataster erstellt. Alle Straßen wurden einer Schadensklasse 1 bis 3 zugeordnet. An dieser Stelle meine besondere Hochachtung an die ehrenamtlichen Helfer, ohne deren Einsatz wohl weiterhin nichts geschehen wäre.

Entgegen der gängigen Praxis wählte man in Pappenheim eine Skala mit nur drei Schadensklassen, allgemein üblich sind fünf Klassen.

Modell Pappenheim                           allg. übliches Modell (für EDVSoftware)

Schadensklasse 1

Neu bzw. mit kleineren Ausbesserung noch mehr als 10 Jahre nutzbar

Zustandsklasse 1

Sehr schwach ausgeprägtes Schadensbild, Fahrbahnfläche neu oder neuwertig

Schadensklasse 2

Sanierungsbedürftig, Abfräsen und Aufbringung neue Deckschicht

Zustandsklasse 2

Schwach ausgeprägtes Schadensbild, z.B. vereinzelt geringe Schäden

Schadensklasse 3

Totalschaden, Neubau mit Untergrund erforderlich

Zustandsklasse 3

Deutlich ausgeprägtes Schadensbild, Erhaltungsmaßnahmen in ca. 8-10 Jahren

Zustandsklasse 4

Stark ausgeprägtes Schadensbild, Erhaltungsmaßnahmen in ca. 5-7 Jahren

Zustandsklasse 5

Stark ausgeprägtes Schadensbild, dringende Erhaltungsmaßnahmen oder vollständige Erneuerung in 0-4 Jahren

Die Pappenheimer Klassifizierung ist meiner Meinung nach im mittleren Bereich zu ungenau. Wie viele und welche Straßen der Schadensklasse 2 zugeordnet sind, wurde bisher nicht publiziert. Nach Pappenheimer Modell enthält die Schadensklasse 2 zu viele Schadensvarianten, vom leichten bis stark ausgeprägtem Schadensbild. Ein Abgleiten in Klasse 3 (hier droht Anliegerbeteiligung) kann nicht rechtzeitig erkannt und damit verhindert werden. Zumal beschlossen wurde, jährlich nur eine Straße aus Schadensklasse 2 instand setzen zu wollen.

Im Interesse einer Schadensbegrenzung sollten vorrangig die Straßen der Zustandsklasse 4 (nach allg. üblichen Modell) instand gesetzt werden um ein

Abgleiten in den Totalschaden zu verhindern. Die bereits als Totalschaden eingestuften Straßen ließen sich derweil mit relativ wenig Aufwand noch einige Jahre sicher und benutzbar halten.

Wie aus dem Weißenburger Tagblatt (nicht aus einer öffentlichen Stadtratssitzung) zu erfahren war, handelt es sich bei den Straßen der Schadensklasse 3 um folgende:

In Pappenheim:

  • Charlotte-Nestler-Straße (Ausführung 2017-2018)
  • Peifferleite (Ausführung 2018-2019)
  • Bahnhofstraße (Ausführung 2018-2019 Anteil Stadt nur Gehweg und Bordstein)
  • Obere Bergstraße (Ausführung 2019)
  • Schulhof mit Schulbuszufahrt (Ausführung 2021)
  • Bauhofstraße (SEK-Gebiet)
  • Graf-Carl-Straße (SEK-Gebiet)
  • Herrenschmiedgasse (SEK-Gebiet)
  • Stadtvogteigasse (SEK-Gebiet)

In Bieswang: Beginn Sanierung im Jahr 2022

  • Weg zum Friedhof (Dorferneuerung-Gebiet)
  • Meiergasse (Dorferneuerung-Gebiet)
  • Kirchengasse (Dorferneuerung-Gebiet)
  • Stelzergasse (Dorferneuerung-Gebiet)
  • Hutgasse (Dorferneuerung-Gebiet)

Zum Vergleich hier eine Ausarbeitung vom Dez. 2009 des AK2 der Dorferneuerung Bieswang

In der letzten Stadtratssitzung vom 02.02.2017 wurde die Bieswanger Schulstraße mit Schadensklasse 2 im Kataster aufgenommen. Aufgrund der erheblichen Schäden (breite Risse und Absenkungen) stellt sich die Frage wann ein Abgleiten in Schadensklasse 3 (Modell Pappenheim) ansteht, wenn nicht zügig eingegriffen wird.

In Geislohe:

  • Untere Hauptstraße –Friedhof-

 

Bei allen vorgenannten Vorhaben droht den jeweiligen Anwohnern nach Maßgabe der Pappenheimer Straßenausbausatzung eine Kostenbeteiligung bis zu 80%.

Diese greift aber nur wenn die Stadt nachweisen kann ihrer regelmäßigen Erhaltungspflicht nachgekommen zu sein. Im Internet sind zahlreiche Gerichtsurteile zu finden, welche diese These unterstützen.

Die ungeliebte Straßenausbaubeitragssatzung sieht in Pappenheim eine Kostenbeteiligung der jeweiligen Anlieger vor. Mittlerweile erlaubt die Bay. Regierung eine neue Variante, welche die Verteilung der Kosten auf alle Gemeindebürger vorsieht:

Ein Alternativ-Vorschlag wäre der „wiederkehrende Beitrag für Verkehrsanlagen

Im Vergleich zu einem einmaligen Ausbaubeitrag kann beim wiederkehrenden Beitrag mehr Beitragsgerechtigkeit erreicht werden. Alle Grundstückseigentümer einer Gemeinde profitieren von einem funktionierenden und gut ausgebauten Straßensystem in gleicher Weise. Hierin bestehen die Vorteile des wiederkehrenden Beitrags:

  • Die Kosten für Baumaßnahmen eines Jahres werden auf sehr viel mehr Köpfe verteilt, sodass der Eigenanteil des Einzelnen an einer konkreten Maßnahme deutlich sinkt.
  • Die Beitragsschuld wird zeitlich gestreckt („wiederkehrend“).
  • Die Beitragserhebung kann transparenter und vor allem weniger „überraschend“ für die Bürger erfolgen.

Durch die Verstetigung der Mittel werden Gemeinden in die Lage versetzt, ein über mehrere Jahre fortgeschriebenes Erhaltungs- und Erneuerungsprogramm aufzulegen. Dies führt zu mehr Effizienz und zu insgesamt besseren Straßen. Auf lange Sicht senkt es zudem die Kosten für alle Beteiligten.

Der Eigenanteil der Gemeinde beim wiederkehrenden Beitrag darf aber einen bestimmten Mindestanteil nicht unterschreiten. Sonst droht wiederum ein Fehlanreiz, die Erhaltung der Straßen zu vernachlässigen. Ein effizientes Erhaltungsmanagement muss sich lohnen und mit einer strategischen Erneuerung der Straßen Hand in Hand gehen.

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Wolfgang Sachse 17.02.2017